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KohortenstudieMentale Gesundheit ist ein ähnlich wichtiger Prognosefaktor für CED-Verlauf wie Krankheitsaktivität

09.03.2023Ausgabe 1/20232min. Lesedauer

Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) können zusätzlich unter psychischen Begleiterkrankungen wie Depressionen und Angstzuständen leiden. In einer britischen Kohortenstudie mit einem Beobachtungszeitraum von 6,5 Jahren konnte nun gezeigt werden, dass psychische Symptome ein unabhängiger Risikofaktor für einen ungünstigen CED-Verlauf sind. Flares und Sterberaten waren bei CED-Patienten mit psychischen Begleitsymptomen bei Studienbeginn generell höher als bei Patienten ohne psychische Symptome, unabhängig von der Krankheitsaktivität bei Studienbeginn.

Studiendesign

In der Studie wurden 718 CED-Patienten der Universitätsklinik in Leeds berücksichtigt, 57,4 % mit Morbus Crohn, 55 % Frauen, zu Beginn waren die Patienten im Mittel 44 Jahre alt. 423 Patienten (58,9 %) befanden sich bei der Eingangsuntersuchung in klinischer Remission, bei 207 Patienten (28,8 %) wurden Depressionen oder Angststörungen diagnostiziert. Bei rund der Hälfte der Gesamtgruppe wurde fäkales Calprotectin (FC) gemessen. Davon wiesen 34 bis 40 % der Patienten erhöhte Werte (FC ≥ 250 µg/g) als biochemischer Marker für die Aktivität der CED-Erkrankung auf.

Ergebnisse

Im Beobachtungszeitraum von 6,5 Jahren hatten 54 % der Studienteilnehmer einen Krankheitsschub, der den Einsatz systemischer Glukokortikoide erforderlich machte. Bei 55 % wurde eine Eskalation der medikamentösen Therapie notwendig, ein Viertel wurde wegen eines Flares hospitalisiert, bei 12 % wurde eine Darmresektion erforderlich und 6 % starben. Die Risiken für diese Ereignisse waren bei Patienten mit psychischen Begleiterkrankungen am höchsten. Bei 70,2 % der Patienten, die bei Studienbeginn eine klinisch aktive CED und Depressionen oder Angststörungen hatten (n = 123), stellte sich im Verlauf ein Krankheitsschub ein oder sie benötigten eine Therapie mit oralen Glukokortikoiden. In der Vergleichsgruppe der Patienten mit klinisch aktiver CED ohne psychische Symptome bei Studienbeginn (n = 172) waren es nur 52,7 % (p = 0,02). 37,2 % der Patienten aus der ersten Gruppe mussten wegen einer hohen Krankheitsaktivität hospitalisiert werden (vs. 24,3 % in der Vergleichsgruppe, p = 0,001) und bei 22 % wurden Darmresektionen erforderlich (vs. 12,4 %, p = 0,001). Besonders ungünstig war die Prognose von Studienteilnehmern mit erhöhten FC-Werten und psychischen Symptomen bei Studienbeginn.

Bei Patienten mit klinisch aktiver CED und psychischer Komorbidität bei der Eingangsuntersuchung war das Sterberisiko fünfmal so hoch wie in der Referenzgruppe der Patienten, die zu Beginn in klinischer Remission waren und keine psychischen Symptome hatten (hazard ratio [HR] = 4,99; 95 % confidence interval [CI] = 1,80 – 13,88; p < 0,01). In der Multivarianzanalyse erwiesen sich psychische Symptome als ein noch stärkerer Risikofaktor für einen ungünstigen Verlauf der CED als die Krankheitsaktivität.

Das Fazit der Autoren lautet: Psychologische Faktoren sollten bei der CED-Therapie berücksichtigt werden.

Quelle
  • Fairbrass KM et al.: Relative Contribution of Disease Activity and Psychological Health to Prognosis of Inflammatory Bowel Disease During 6.5 Years of Longitudinal Follow-Up; Gastroenterology 2022; 163:190–203; Kurzlink: iww.de/s7528

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