Meta-AnalyseGeringe Inzidenz neu auftretender EIM unter biologischen bzw. gezielt wirkenden DMARDs
10% bis 25% der Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) weisen bereits zum Zeitpunkt der Diagnose extraintestinale Manifestationen (EIM) der Erkrankung auf, am häufigsten an den Gelenken (v. a. Arthralgien), der Haut (u. a. Erythema nodosum), den Augen und der Leber. Im Verlauf der Erkrankung ist sogar rund die Hälfte der Patienten von mindestens einer EIM betroffen, die wesentlich zur Morbidität und eingeschränkten Lebensqualität beitragen. Können bei fortgeschrittenen Therapien die biologischen bzw. gezielt wirkenden disease-modifying anti-rheumatic drugs (DMARDs) das EIM-Risiko verringern? Und in welchem Maß können bereits vorhandene EIM verbessert werden? Ungarische Forscher haben diese Fragen in einem systematischen Literatur-Review mit Meta-Analyse der Daten untersucht [1].
Die Analyse umfasste Daten von 61 Studien der Jahre 2015 bis 2022, darunter 26 retrospektive und 6 prospektive Kohortenstudien bei CED-Patienten, die mit fortgeschrittenen Therapien, d. h. Nicht-Tumornekrosefaktor-Inhibitoren wie Vedolizumab [VDZ], Ustekinumab [UST] oder – in selteneren Fällen – mit Januskinase-Inhibitoren (JAKi, v. s. Tofacitinib) behandelt worden sind. Die wichtigste Erkenntnis der Meta-Analyse lautet: Neu auftretende EIM waren unter fortgeschrittenen Therapien generell selten und traten im Follow-up-Zeitraum (von 6 Wochen bis zu einem Median von 4 Jahren) bei insgesamt 8% der Behandelten auf, bei nur geringen Unterschieden zwischen den eingesetzten Substanzen. Dabei gilt es zu beachten, dass es sich um indirekte Vergleichsdaten handelt, da Head-to-Head-Studien nicht verfügbar waren. VDZ, das nach Angaben der Autoren bezüglich EIM als eher ungünstig eingeschätzt wird, schnitt bei der EIM-Inzidenz zumindest numerisch schlechter ab als UST (11%; 95% confidence interval [CI]=8–15% vs. 6%; 95% CI=3–11%, p=0,166). Am geringsten war die Rate unter Tofacitinib (3%; 95% CI=0–15%), allerdings bei vergleichsweise wenigen Daten zu dieser Therapie. Bei der Verbesserung bereits bestehender EIM waren die Unterschiede in der Subgruppenanalyse zwischen VDZ und UST nicht signifikant, mit Ausnahme von Gelenkbeteiligungen (42% [VDZ]; 95% CI=32–53% vs. 54% [UST]; 95% CI=42–65%, p=0,029). Hier zeigte UST einen signifikanten Vorteil. Unter Therapie mit JAKi wurden Gelenkbeteiligungen bei 47% (Tofacitinib; 95% CI=4–95%) bzw. 48% der Behandelten (Upadacitinib; 95% CI=32–65%) gebessert. Zu beachten ist hierbei die geringe Stichprobengröße.
Neuauftreten von EIM
- Die Rate neuer Gelenkmanifestationen lag insgesamt bei 8% (95% CI= 6–13%; VDZ 9% [95% CI= 6–13%]; UST 6% [95% CI=3–14%]), die Raten neuer Spondyloarthritiden bzw. neuer peripherer Arthropathien bei je 4% (95% CI=1–11% bzw. 0–33%).
- Neue Hautmanifestationen traten bei 1% (95% CI=1–2%) der Behandelten auf, ebenso häufig neue Augenmanifestationen (95% CI=0–2%).
- Die Rate neuer Stomatitiden lag bei 2% (95% CI=1–5%).
- Neue Lebermanifestationen wie z. B. primäre sklerosierende Cholangitis wurden nicht beobachtet.
Einfluss auf weitere vorhandene EIM
- Hautmanifestationen besserten sich in der VDZ-Subgruppe bei der Hälfte der Behandelten (95% CI=16–84%), unter UST bei 61% (95% CI=47–74%). Bei 14% (95% CI=3–45%) der Patienten unter VDZ verschlechterten sich Hautmanifestationen vs. keinem Ereignis in der UST-Gruppe.
- Okuläre Manifestationen besserten sich in der UST-Subgruppe bei 59% (95% CI=32–81%) der Behandelten (keine Daten für die VDZ-Gruppe).
- Stomatitiden besserten sich in der VDZ-Gruppe bei 31% (95% CI=0–99%) der Behandelten, in zwei Studien gab es auch Verschlechterungen.
- Die Ergebnisse bei Lebermanifestationen waren heterogen.
Die vorliegende Datenanalyse zeigt, dass unter fortgeschrittenen Therapien die Inzidenz neu auftretender EIM gering war. Ergänzend zeigte sich, dass die Verbesserung vorbestehender Manifestationen bei fortgeschrittenen Therapien vergleichbar war, mit Ausnahme bei vorbestehenden Gelenkmanifestationen, bei denen USTE einen signifikanten Vorteil aufwies.
Weitere Studie zum Thema
In einer weiteren aktuellen Studie wurden Risikofaktoren für das Auftreten von EIM bei CED-Patienten retrospektiv untersucht [2]. Von den insgesamt eingeschlossenen 1.211 Patienten hatten 329 (27,2%) mindestens eine EIM. Patienten mit Morbus Crohn (MC) und Frauen hatten ein erhöhtes Risiko für zwei oder mehr EIM (p=0,005 bzw. p≤0,001). Studienteilnehmer mit okulären Manifestationen hatten das höchste Risiko für mindestens zwei EIM (p≤ 0,001). Außerdem war der Befall des rechten Kolons prädiktiv für eine CED-assoziierte Arthritis (p=0,021).
- [1] Tímár AE et al.: Beyond the Gut: A Systematic Review and Meta-analysis of Advanced Therapies for Inflammatory Bowel Disease-associated Extraintestinal Manifestations. Journal of Crohn‘s and Colitis 2024, epub January 8. doi.org/10.1093/ecco-jcc/jjae002
- [2] Alizadeh M et al.: Factors Associated With Extraintestinal Manifestations of Inflammatory Bowel Disease in SPARC-IBD. Inflammatory Bowel Diseases 2023, epub December 15. doi.org/10.1093/ibd/izad280
(ID:50073753)
Sie möchten gerne kostenfrei weiterlesen?
Sie sind neu auf rwf-online.de?
Dann registrieren Sie sich bitte einmalig für das Radiologen WirtschaftsForum, um alle Beiträge kostenfrei in voller Länge lesen zu können.
RegistrierungSie sind bereits Leser des Radiologen WirtschaftsForum?
Super! Dann geben Sie bitte einfach Ihre E-Mail-Adresse an.